top of page
Helena Aurora

Ich bin Freierin

Was passiert eigentlich, wenn man sich als Frau ein Escort bucht?


Von bizarren Vorlieben, stoischen Seesternen und dem alltäglichen Wahnsinn: Ich bin Helena Aurora, Independent Escort und Domina aus Hamburg. Täglich erlebe ich die kuriosesten Geschichten und treffe auf die spannendsten Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. Du möchtest einen authentischen Blick hinter die Fassade des ältesten Gewerbes der Welt werfen?


Dann freu dich auf meinen heutigen Beitrag: Ich bin Freierin: Was passiert eigentlich, wenn man sich als Frau ein Escort bucht?


Begleitservice, Companion, Part Time Lover, Geliebte auf Zeit, High Class Escort Helena Aurora, Independent High Class Escort, Escort, Domina Bizarrlady Helena Aurora Hamburg, Callboy Escort Ben Nordmann, Hotel Date, Polaroid Fotos, Nähe, Zärtlichkeit, Kuscheln, Blogbeitrag, Blogging
Kleine Andenken: Polaroids mit Ben.

Als Independent Escort und Domina sollte man meinen, ich habe genug Kontakt mit anderen Menschen, als dass ich mir ein männliches Escort buchen müsste.


Jein.


Meine Motive sind in diesem Fall gänzlich andere. Es geht mir nicht um Sex. Es geht um weitaus mehr. Diese Zeilen schreibe ich auch Ben: „Sex kann, muss und soll aber vielleicht auch gar nicht passieren.“


So wunderbar und erfüllend meine Tätigkeit als Independent Escort und Domina auch ist, ich trenne hier Körperkontakt und einen Großteil meiner Emotionen bewusst. Aus Selbstschutz, um mich nicht in jedem Menschen zu verlieren, den ich treffe.


Denn jeder Körperkontakt, jedes liebevolle, intime Gespräch bedeuten schon evolutionsbiologisch eine Flut an Glücks- und Bindungshormonen- ein chemischer Cocktail, der uns an unsere PartnerInnen binden soll. Fatal, da meine Arbeit für mich auch Herzensangelegenheit und nicht jeder Mensch automatisch der "Richtige" für mich ist.


Außerdem wollte ich schon immer mal die Seite der KundIn kennenlernen: Wie ist das eigentlich, sich ein Escort zu buchen?


Eine der letzten ehrlichen Facetten


Vor meinen Dates und Sessions ziehe ich eine Schutzmauer hoch, mache meine Gefühlswelt kontrollierbar- bis zu einem gewissen Punkt. Dort, wo es gefährlich werden könnte. Denn auch ich schätze den Hautkontakt, die zwischenmenschliche Nähe, den Kick, wenn ich eine der letzten ehrlichen Facetten meines Gegenübers enthülle: Lust und Erregung.


Ich weiß leider zu gut, wie es ist, ausgenutzt, ausgegrenzt und diskriminiert zu werden für das, was man ist und fühlt. Umso mehr kann ich nachvollziehen, was meine Gäste vor und während unserer gemeinsamen Zeit bewegt. Ich fühle ihre Ängste, Unsicherheiten und Scham. Wir begegnen uns auf Augenhöhe.


Genau dort setzt mein Wunsch an, Ben zu treffen.


Saver Space

Meine privaten Bekanntschaften sahen Zärtlichkeit oftmals als reines Werkzeug. Sie war eher Tür- oder besser gesagt „Schenkel-Öffner“. Nicht wirklich echt, nicht wirklich ernst gemeint, nicht wirklich wertschätzend. Ich blieb oft irritiert und mit einer Leere zurück, die ich lange Zeit nicht greifen oder verbalisieren konnte. Es war doch Körperkontakt geschehen, es wurde doch gekuschelt. Ich gaslightete mich selbst.


Fragen tauchen auf: Wo ist eigentlich mein Saver Space? Mein menschlicher Rückzugsort, an dem ich mich und meine Mauern komplett fallen lassen kann? Ich möchte mich emotional und körperlich erleben, ohne mich automatisch um jemand anderes kümmern zu müssen. Ohne auf der Hut sein. Und ohne Sex.


Ben Nordmann, Callboy, Escort, männliches Escort, just not bed
Ben Nordmann ist Sexworker. Sein Fokus liegt auf der unterstützenden Sexarbeit.

Unterstützende Sexarbeit

 

Ben ist Callboy, also ein männliches Escort. Ja, auch die gibt es. Denn Menschen aller Geschlechter haben Bedürfnisse und möchten sich aus- und erleben können.


Ben fokussiert sich in seiner Tätigkeit als Escort auf die unterstützende Sexarbeit und begleitet, zumeist Frauen, auf ihrem Weg in eine positive und erfüllende Sexualität (Ben Nordmann (ben-nordmann.com).


Die Motive sind so unterschiedlich, wie die Menschen selbst. Eines haben jedoch alle gemeinsam: Sie können aufgrund körperlicher, emotionaler oder situativer Hindernisse ihre Sexualität nicht unbeschwert ausleben.


Ich finde mich in seinen Worten wieder, fühle mich irgendwie gehört und wahrgenommen. Was ich im Berufsleben ironischerweise ausleben kann, fehlt mir im Privaten: Der echte, ehrliche, wohlwollende (Körper-)kontakt. Um meiner selbst willen.

 

Aufregung

 

Ich entschließe mich also, Ben anzuschreiben. Wir vereinbaren einen Termin. Der Kontakt ist freundschaftlich und liebevoll. Ich fühle mich sicher genug, meinen Hintergrund, meine Wünsche und Bedürfnisse zu schildern.


Eine gewisse Aufregung ist immer Teil der Escort-Dates wie auch der BDSM-Sessions. Sie gehört einfach dazu. Das ist ja auch das Schöne und Bewegende an diesen Begegnungen!


Nun sitze ich aber auf der anderen Seite des Kontaktformulars und spüre, was meine Gäste vor einem Date durchleben müssen. Chapeau! Diese emotionale Dimension ist neu für mich und soll mich, einer Achterbahnfahrt gleich, die kommenden Wochen begleiten.


Unzählige Fragen schießen mir immer wieder durch den Kopf: Welches Hotel wäre passend? Was essen wir? Was ziehe ich an? Bringe ich ein Geschenk mit? Soll ich ihm vorher noch schreiben oder ihn besser in Ruhe lassen? Was zur Hölle mache ich hier eigentlich?!

 

Das Date

 

Diese Aufregung hält auch während unseres Dates an. Dass Ben eine unfassbare Ruhe und Wärme ausstrahlt, hilft nur bedingt. Ich fühle mich überfordert, sprudele mit Themen heraus, um mein internes Chaos zu ordnen. Ich versuche ein Verhaltensmuster zu finden, in dem ich mich sicher bewegen kann, einen bekannten Rahmen, der mir irgendeinen Handlungsspielraum vorgibt.


Spoiler: Es gibt keinen.


Diese Art des Datings ist neu für mich. Diese Konstellation ist ungewohnt. Ich weiß, dass ich hier Privatperson sein darf- salopp gesagt: Dafür bezahle ich ja auch. Aber ich kann es einfach nicht.


„Ich bin überfordert. Wir müssen langsam machen, das Tempo herunterfahren.“, sage ich und bin fast überrascht, wie reflektiert ich mich in dieser Situation doch äußern kann. Ben legt seine Hand zärtlich auf meine: „Alles gut, wir machen ganz langsam. Heute geht es nur um dich und das, was du brauchst. Du gibst das Tempo vor!“

 

Alles, aber keinen Sex

 

Nach unserem Dinner ziehen wir uns auf unser Hotelzimmer zurück. Alles in meinem Tempo, ok. Wir einigen uns auf eine Massage, Streicheleinheiten, ruhige Musik im Hintergrund. Meine Unterwäsche behalte ich währenddessen an, meine Intimbereiche werden bewusst ausgespart.


Mit dieser Situation kann ich arbeiten. Wir tauschen uns aus, kuscheln, alles läuft ganz entspannt. Ich beginne, das Zusammensein mit Ben zu genießen. Kleine Schritte, aber immerhin. Positive Erlebnisse müssen erst einmal angenommen und verarbeitet werden, das braucht Zeit.


Es fühlt sich gut an, mich nicht verstellen zu müssen, über meine Gedanken und Sorgen sprechen zu können und mich in einem emotional sicheren Rahmen öffnen zu dürfen. Diese Momente existieren in meinem privaten Datingleben zurzeit nicht und ich spüre, wie sehr sie mir eigentlich fehlen.


Der nächste Morgen beginnt wieder mit einer langen Kuscheleinheit. Wir trinken Kaffee im Bett, genießen den Blick über die Alster, unterhalten uns. Die gegenseitige Wertschätzung tut gut, die offenen Worte und die Rücksicht auf meine Bedürfnisse beginnen, etwas in mir zu heilen. Ich komme langsam bei mir an.


Begleitservice, Companion, Part Time Lover, Geliebte auf Zeit, High Class Escort Helena Aurora, Independent High Class Escort, Escort, Domina Bizarrlady Helena Aurora Hamburg, Callboy Escort Ben Nordmann, Hotel Date, Polaroid Fotos, Nähe, Zärtlichkeit, Kuscheln, Blogbeitrag, Blogging
Konsens: Es passiert nur, was ich auch wirklich möchte.

Der Anfang vom Ende

 

So wertschätzend wir in diesem Moment miteinander, sowie im Berufsleben mit unseren Gästen und Gastgeberinnen, umgehen, so klischeebehaftet, stigmatisiert und tabuisiert ist unsere Tätigkeit. Unsere Arbeit als Sexworker wird derartig verzerrt, dass sie sogar droht, verboten zu werden.


Die Bezeichnung „Sexworker“ ist hierbei scharf zu trennen von Begriffen wie z.B. Menschenhandel, Gewalt und Zwangsprostitution- welche als eigene Strafbestände gelten. Sie haben nichts mit der freiwilligen Sexarbeit zu tun. Dennoch werden diese Begriffe oft und gerne miteinander in einen Topf geworfen, tragische Schicksale pauschalisierend allen Sexarbeitenden übergestülpt und Einwände sowie Lösungsvorschläge ignoriert. Entweder aus Unwissenheit und Bequemlichkeit heraus. Oder auch, um subjektive moralische Einwände zu verschleiern.


Weiterhin werden wir regelmäßig gleichgestellt mit organisierter Kriminalität. Unsere persönlichen Erfahrungen, unser Berufsalltag sowie unsere Urteilsfähigkeit werden uns aberkannt, wir als Menschen abgewertet und diskriminiert. Es wird stets über uns gesprochen, jedoch nicht mit uns.


Hinzu kommt die permanente Befeuerung dieser Problematik durch hoch konservative Interessengruppen, AusteigerInnen oder auch SozialarbeiterInnen mit negativen (Berufs-)Erfahrungen. Diese Situation wird bereits deutlich, sobald man eine Recherche bzgl. des „Nordischen Modells“ bzw. „Sexkaufverbots“ beginnt.


An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen: Eure Erfahrungen sind nicht unser aller Alltag. Wir brauchen Lösungen für Missstände, keine Verbote!



Weiterhin empfehle ich die aktuelle Reportage JENKE. REPORT. Staffel 3 Folge 1: JENKE. REPORT. Schluss mit Sex gegen Geld in Deutschland? (joyn.de), welche auf neutrale Weise alle Seiten der Sexarbeit beleuchtet.

 

Und jetzt?

 

Es sind nun einige Tage seit dem Escort-Date mit Ben vergangen. Aus der anfänglichen Überforderung ist mehr Sicherheit entstanden: Ja, in diesem Handlungsrahmen kann und möchte ich mich auch zukünftig im Privaten bewegen. Man kann sich schließlich nur weiterentwickeln, wenn man sich auch weiterbewegt.


Ben hat mich hierbei in einer Lebenssituation abgeholt, welche ich derzeit nicht ohne Weiteres ändern kann. Durch seine ruhige und entspannte Art konnte ich mich ein Stück weit fallen lassen und in meinem Tempo neu erleben.


Für diese Begegnung bin ich sehr dankbar, da ich weiß, dass sie nicht selbstverständlich ist. Die Schwere ihrer Bedeutung habe ich jedoch erst jetzt vollends empfinden können: Sexarbeit ist Care Arbeit!


258 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page